Ein Fund
Jens Kosch + Uwe Gehrke
(Nach einer Idee von N. N.)
Aus den Erzählungen des Alten Tschang
Ich will verdammt sein, wenn meine idiotischen Verleger diese Geschichte zu meinen Lebzeiten veröffentlichen. (Und wenn sie es doch tun, habe ich gewisse Vorkehrungen getroffen das sie mein zu erwartendes Ableben nicht lange überleben.)¹ Ich will gestehen, dass mich diese Ereignisse mitgenommen haben. Manchmal kriege ich heute noch Zustände, wenn mir irgendein grünhäutiger Humanoide über den Weg läuft.²
Aber ich werde nicht nach Schriftzeichen bezahlt und sollte somit anfangen. Es begab sich zu der Zeit, als ich für diesen Mann aus Tarcy³ diese Vermessungen an der Küste von Erainn machte. (Zu welchem Zweck, ist mir nicht bekannt. Eine schwimmende Spielhalle?4 Auf jedem Fall landeten alle Angaben in meinem Haicangtapchi,5, 6, 7 und später habe ich eine kleine Broschüre mit den Angaben gemacht, die sich heute noch sehr gut verkauft.)
Aber ich habe eine Geschichte zu erzählen. Wir hatten wieder einmal das Senklot ins Wasser gelassen. Es ging immer tiefer, viel mehr als an jedem Punkt, den wir vorher registriert hatten. Was war hier unten? Ich ließ das Gewicht hochziehen, und es schien stecken zu bleiben. Wir packten an und nach und nach kam das Seil doch hoch.
Aber es kam etwas anderes heraus.
Heute, so viele Jahre danach, kann ich das DING kaum beschreiben, es wirkte wie eine Frauengestalt, aber irgendwie auch anders. Es wurde herumgereicht, und als ich es in die Hand bekam, spürte ich etwas Vertrautes.
Das war irgendwie mythanisch.
Woher ich das weiß? Unter der ganzen Menge, die man als Beute finden kann, ist die Hinterlassenschaft dieser Zauberer das Beste oder das Schlechteste. Warum? Einerseits, weil Unsummen dafür gezahlt werden, es gab immerhin genug Dummköpfe, die glauben, man könne damit magische Kräfte gewinnen oder verstärken. Und das Schlechteste? Es gibt einen Haufen Leute, die es gar nicht mögen, wenn man mit Mythanen-Sachen handelt. (Ist schon jemand mal von einem Pegasus in den Arsch getreten worden?)8 Und irgendwann wird man zum Experten. Ich habe nur gefälschte Mythanen-Sachen verkauft.9
Und ich wusste, dass ich ganz schnell dieses Ding irgendwo wegbringen musste. Keinen Ärger wegen Mythanen-Scheiß.
Also ging ich ein Risiko ein und ließ mich an Land rudern.10
Dort sammelten wir einen Haufen Steine ein, welche wir zu einem Haufen aufschichteten. Ich setzte das rote Ding darauf und wir rannten zum Boot.
Ich warf einen kurzen Blick zurück und sah, wie plötzlich auf dem Steinhaufen die Silhouette eines gewaltigen Palastes entstand. Er war gewaltig, fast so groß wie der Greifentempel unter Magramor.11
Einen Moment später sah man nur noch den Steinhaufen.
Natürlich hätte ich noch Nachforschungen anstellen können, warum zum Beispiel die Sippen Flaithbertach und Umaill in dieser Gegend nicht fischten.
Aber ich musste noch etwas Küste vermessen. Ohne Senklot? Weil sich der Mann aus Tarcy recht großzügig gezeigt hatte, besaß ich noch mehrere. Und ich bemühte mich, meinen Arbeitgeber nicht zu enttäuschen.
Was sich allerdings aus dieser Sache entwickeln würde, konnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen.
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Jens Kosch + Uwe Gehrke, nach einer Idee von Fergal
Rehburg-Loccum/Hannover, Mai 2022
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1: Eine bis heute nie geklärte Frage ist, warum sich Tschang solche Pfeifen als Verleger nahm.
2: Der Ort, wo sich Tschang aufhielt, als er seine Erzählungen verfasste, ist nicht genau bekannt.
3: Nein, das war nicht Esrat Ko, der kam aus Dalor.
4: Viva Las Vegas!
5: Hafen-Journal.
6: Tschangs Äquivalent eines korsarischen Portalon. (Danke, Torben, für die wunderschöne Idee.)
7: Im Original Vietnamesisch.
8: Eine Geschichte, die noch erzählt werden muss.
9: Als Tschang diese Zeilen schrieb, befand er sich hoffentlich nicht in der Nähe von Balken, denn er lügt eindeutig.
10: Aus eigener positiver Erfahrung wusste Tschang, dass solche Situationen leicht zu Meutereien führen können.
11: Auch eine Geschichte, die noch erzählt werden muss.